Am nächsten Tag verabschieden wir uns vorübergehend von den vier Potsdamern. Sie zieht es direkt an die Atlantikküste. wir wollen erstmal nach Chefchaouen, ein entspanntes kleines Städtchen im Rifgebirge, das im Reiseführer so verlockend klang. Die Straße dorthin ist recht gut, unsere Laune noch besser, die Sonne scheint. Auch hier wiederholtes Winken und Daumen-hoch von Passanten, die die Feuerwehr bestaunen. Doch je weiter wir in das Gebirge hineinfahren, desto häufiger kommen uns Autos mit Lichthupe entgegen, fahren vor uns rechts ran und rufen uns etwas zu oder laufen neben uns her und fuchteln mit irgendwas herum. Müssen wir hier mit Licht fahren? Ist die Tür hinten offen? Verlieren wir Ladung vom Dach? Irgendwann fahren wir an den Straßenrand, einer kommt angelaufen und hält mir einen grün-bräunlichen Klumpen entgegen, dazu dann eine vielsagende Geste mit Zeige- und Mittelfinger zum Mund. Jetzt fällt es mir wieder ein. Stand auch im Reiseführer. Das Rifgebirge ist das größte Haschisch-Anbaugebiet der Welt, und wir potentielle Kunden. Deshalb sind die hier so entspannt … Den Rest der Fahrt verbringen wir mit höflichem Kopfschütteln, belehrenden Erklärungen zum Konsum von Drogen an die Kinder, und Hannes bringt mir „Nein danke, ich rauche nicht.“ auf französisch bei.
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Kategorie-Archiv: Allgemein
Moulay, Marokko
Tétouan
Tetouan, unsere erste marokkanische Stadt. Katrin und Franz, die schon zweimal in Marokko waren, fragen sich zum bewachten Parkplatz am Rand der Medina durch, wir tuckern durch das Verkehrsgewühl hinterher. Kommentar in unserem Reiseführer: „In Marokko werden immerhin rote Ampeln beachtet.“ Dem habe ich nicht viel hinzuzufügen. Mit einem Kampfgewicht von sieben Tonnen fühlt man sich doch recht sicher und die übrigen Verkehrsteilnehmer zollen ein wenig Respekt. Allerdings bin ich sehr froh, nicht selbst fahren zu müssen. Wir stellen die Kiste so schell wie möglich ab und machen uns zu Fuß auf in die Altstadt. Es ist Markttag, was den üblichen Trubel noch verstärkt. Wir schlendern durch ein Labyrinth aus Gassen, gefüllt mit Menschenmassen, Waren, Verkäufern mit Handkarren, Motorrädern und verschiedensten Gerüchen. Mal weht einem der Duft von Essen, süßem Tee oder Gewürzen entgegen, mal ist es Gestank von Abgasen, Fischresten oder Urin, je nachdem um welche Ecke man gerade biegt. Den Reiseführer mit der Stadtkarte stecke ich schnell wieder weg – völlig nutzlos. Wir lassen uns treiben, kaufen Oliven und Obst und landen schließlich in einem kleinen Café und genießen unseren ersten „whiskey maroc“, einen starken grünen Tee mit frischer Pfefferminze und kiloweise Zucker. Lecker! Ab und an bietet sich jemand gegen ein kleines Trinkgeld für eine Stadtführung an, deren Ziel dann in der Regel der nächste Teppichladen ist. Doch aufdringlich ist niemand. Im Allgemeinen werden wir recht unbehelligt gelassen. Vielleicht liegt es an der uns umgebenden blond-blauäugigen Kinderschar, die mithilfe von Ida und Luise, den süßen Töchtern von Katrin und Franz, auf die stattliche Zahl sechs angewachsen ist und an sich eine kleine Attraktion hier darstellt.
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von Andalusien nach Marokko
Auch Granada ist sehr schön, wenn auch im Vergleich mit Cordoba für mich eher auf dem zweiten Platz. Eigentlich hatte ich es ja auf eine Flamenco-Show abgesehen. Die beginnen allerdings nicht vor halb zehn abends. Da müssen wir wohl nochmal zu zweit wiederkommen.
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Lanzarote-Madrid-Cordoba
Nach der gemütlichen Abreise von Lanzarote, signifikant unterstützt durch Mario von Apartamentos Santa Rosa (Danke nochmal!!!), stehen wir gerade am See namens Laguna del Conde, einer von sehr wenigen hier im Süden Spaniens. Yvonne betätigt sich gerade als Privatlehrerin in Deutsch, gefolgt vom Unterricht in Mathematik und Englisch, vertreten durch den einzigen über 30. Es regnet seit Stunden in Strömen und heldenhafterweise haben wir gerade heute ein Fenster irrtümlich vergessen zu schließen (Fahrerfenster komplett offen), so dass es über Nacht auf den Fahrersitz geregnet hat. Dass wir das nicht bemerkt haben, lässt immerhin auf eine relativ warme Nacht schließen. Erst gestern früh um neun Uhr hatten wir beißende -2°C. Zum Glück konnten wir nur drei Stunden später bei blauem Himmel im T-Shirt draußen sitzen und konkret urlaubsmäßig ein Buch lesen.
Der Stellplatz hier scheint exakt auf dem Weg einer Defender-Touri-Ausflugs-Tour zu liegen. Gestern haben uns mindestens 10-20 Defender in 10min Abständen passiert. Das hält unsere Jungs natürlich nicht davon ab, sich mit den Fahrrädern gegenseitig mit Bremsspurlängen zu überbieten, mit Spanngurten Schaukeln zu bauen oder das Longboard/Skateboard per Seil als Anhänger am Fahrrad zu befestigen und die kleinen Hügel runterzuknallen. Die teilweise sogar über Stunden andauernde Ungestörtheit beim Buch lesen im Campingstuhl, selbstverständlich inklusive ungestörter Sicht auf die Olivenbaumhaine, unterstützt somit unsere These, im kinderbespaßungstechnischen Sinne zufriedenstellend ausgerüstet zu sein.
In Madrid konnte Yvonne ihr Geburtstaggeschenk von der Rostocker, Hamburger und Münchner Fraktion (Paket per ‚poste restante‘) in Empfang nehmen – ein ebook-reader (Kindle). Seit Wochen steht bei uns im Gang eine riesige Bücherkiste mit rund 25 gelesenen Büchern. Unserem Platzproblem an Bord kommt der Kindle da ganz recht. Sogar Lasse ließt Percy Jackson Teil drei und vier jetzt auf dem Teil – gratis wifi und download der Bücher auf einer siffigen Raststätte nahe Cordoba sei Dank. Zur Poststation in Madrid wurden wir übrigens per Polizeieskorte gebracht. Apropos, im krassen Gegensatz zu Frankreich und dem Ostblock sind die portugiesischen und spanischen Polizisten sehr angenehm, locker und hilfsbereit. Keine Schikane mehr.
Nahe Madrid haben wir das letzte Altöl ablaufen und neues nachfüllen können (Entsorgung problemlos bei der Tankstelle), so dass jetzt Achsen, Getriebe und Motor bis Rostock kein neues Öl mehr benötigen. Der Auspuff hat sich wieder etwas losgejackelt und mit neuen Rohrschellen hält es zumindest bis zur Werkstatt in Marokko. Große Augen haben wir bekommen, als wir entdeckt haben, dass der Keilriemen durch eine Rohrschelle der Wasserpumpe angeritzt wurde. Rohrschelle gedreht und feddich. Das muss aber schon ewig so sein (da hat die Werkstatt Mist gebaut) – umso optimistischer sind wir, dass das Teil noch die 10-15tkm bis HRO durchhält. Auch das eine oder andere Schräubchen am Motor hat Öl gelassen – Schraube nachgedreht und basta. Sonst kann man nur wiederholen, dass das 38 Jahre alte Arbeitsgerät, das einem wirklich nichts übel nimmt, bei etwas Pflege mit viel Öl und Fett bis jetzt einfach nur extrem zuverlässig ist.
Tag drei und vier nach Madrid haben wir in Cordoba verbracht. Seitdem wir ein Mal wirklich verdammt knapp vorm Verkeilen in einer Altstadt im Baskenland waren (Poller angefahren, höchstens drei cm links und rechts zur Wand), kommt der Puls bei mir ähnlich dem Reflex beim Pawlowschen Hund sobald die Straßen enger werden. Das trat dann teilweise auch wieder in Cordoba ein. Zehn cm breiter und wir wären nur mit Polizeieskorte die Einbahnstraßen zurück aus der Altstadt gekommen. Man lernt halt nicht dazu. Für den Stellplatz in Altstadtnähe während der zwei Tage Cordoba hat sich das Ganze dennoch gelohnt.
Durch verdammtes Glück war zu dem Zeitpunkt gerade ein zweitägiger Mittelaltermarkt, der mit Gauklern, Trommlern, einem Schmied, Falken-Show, unendlich vielen Ständen voller leckerem Essen, Spielzeug oder auch orientalischen Kunstgegenständen und Schmuck nur so überquoll. Kein Vergleich zu ähnlichen Märkten in MV, das Ding war richtig gut!
Am Tag zwei in Cordoba stand die Altstadt auf dem Plan. Vorbei an der Moschee und der Synagoge hat es uns auf unserem Bummel ganz besonders die Gemütlichkeit der Innenstadt durch die nur drei bis vier-stöckigen Häuser sowie das orientalische Flair vieler Innenhöfe angetan (Guckst du Fotos).
In weniger als 10km Entfernung von Cordoba haben wir uns im Anschluß die mehr als 1000 Jahre alten Ruinen der alten Palaststadt ‚Madinat al-Zahra‘ angeschaut. Ein schöner Vorgeschmack auf das Alahambra in Granada mit teilweise noch sehr gut erhaltenen Gebäudemauern, Speckstein-Verzierungen sowie 1000 Jahre altem Kunsthandwerk im dazugehörigen Museum (link: http://de.wikipedia.org/wiki/Mad%C4%ABnat_az-zahr%C4%81%CA%BE)
Wir haben jetzt ’nur‘ noch knappe fünf Monate vor uns und hätten wir nicht die schulische Verpflichtung für die Jungs sowie unsere auf ein Jahr begrenzten Ersparnisse, wir würden wenig zögern, den Trip auf ein weiteres Jahr zu verlängern. Wo wir gerade dabei sind, wer spendiert 30000,- Euronen für ein weiteres Jahr? Mehr Afrika, Südamerika oder Südost-Asien vielleicht. Wir überlegen schon welche Art LKW wir uns aufbauen wenn die Kinder größer sind und keinen Bock mehr auf die Alten haben, ein kleiner Unimog oder unsere Kiste dekadent nur für zwei umbauen…? Schön, wenn man sonst keine Probleme hat.
Afrika
Wir sind ‚drüben‘. Total entspannt hier, wenig Touristen. Eben waren wir in Chefchaouen in der Medina essen.
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Für SMS die alte Nummer, Anrufe bitte nur noch über unsere Marokkanische Handy Nummer: +21-2628524592. Anrufe schaffen unsere deutschen Prepaid Handies nicht.
Lanzarote – der Urlaub im Urlaub
Wir haben für zwei Wochen unsere geräderte 8m²-Suite gegen ein Hotelzimmer auf den Kanaren getauscht. Nach unserer planlosen Ankunft auf Gran Canaria – vier Kinder, zwei große Rucksäcke, ausreichend Lesestoff und ein Piraten-Malbuch im Gepäck – und der ersten Nacht in einem ziemlich muchtigen Billighotel, welches allerdings über eine Dachterasse verfügte, haben wir per Fähre nach Lanzarote übergesetzt. Und uns dann gleich mal was gegönnt … zwei Zimmer mit Verbindungstür und Poolblick in einem 4-Sterne-Hotel. Unser erster Hotelaufenthalt als Familie überhaupt. Die Vorteile in Kürze: viel Platz (vor allem im Vergleich zur Feuerwehr), viel Essen (zu dem man nur pünktlich erscheinen muß), kein Aufräumen, kein Abwaschen, und natürlich stehen die Jungs auf den Pool. Die Nachteile: wir sind weit und breit die einzigen unter 55, der beheizte Poolbereich ist nur für Erwachsene (was uns nicht davon abhält, die Jungs trotzdem reinhüpfen zu lassen, aber immer nur, wenn kein Rentner drin ist) und es ist etwas merkwürdig, alles nachgeräumt zu bekommen und bedient zu werden – irgendwie doch nich unser Ding. Und lächeln die Angestellten eigentlich alle und immer, weil sie uns so nett finden, oder weil das hier in einer Woche über 1000 Euro kostet? Ich glaube von beidem etwas.
Woche zwei verbringen wir in einem anderen Hotel. Kein Stern, halber Preis, die Zimmer nicht so elegant und großzügig, das Essen nicht so reichlich. Aber Jung und Alt gemischt, das Personal locker und an der Poolbar läuft Amy Whinehouse. Für uns insgesamt doch angenehmer, auf die Sterne können wir verzichten.
Ansonsten hat Lanzarote viel zu bieten. Dank des einheimischen Künstlers und Architekten Cesar Manrique hat man sich vor langem darauf geeinigt, kein Gebäude der Insel höher als drei Stockwerke zu bauen und alles in weiß zu halten. Davon gibt es leider ein paar wenige Ausnahmen – Hotels natürlich – doch die halten sich wirklich in Grenzen. Man hat von nahezu jedem Ort einen unverbauten Blick auf die Vulkane, mit denen die Insel übersät ist. Selbstverständlich haben wir die auch besichtigt. Höhlenwanderung, Kamelreiten, Fahrradfahren, U-Boot-Ausflug – wir haben alles mitgenommen, was den Touristen hier so geboten wird. Siehe Fotos.
Erschreckend und peinlich allerdings die vielen britischen und deutschen Touries, die hier in den Orten mit freiem Oberkörper und leuchtendem Sonnenbrand durch die Gegend wabbeln. Das ist wirklich schamlos und ekelhaft. Ich hätte nie gedacht, daß das hier so extrem ist. Offenbar ist es sogar notwendig, die Hotelgäste am Eingang zum Restaurant mittels Schild darauf hinzuweisen, daß dieses nicht in Badesachen zu betreten ist. Die Einheimischen nehmen es anscheinend locker. Und hübsche Toilettenschildchen haben sie auch – siehe Foto.
Portugal
Nach ein paar lauschigen Tagen am See ging es dann Richtung Portugal. Vorher jedoch haben wir noch eine Nacht auf dem McDonalds Parkplatz in Vigo verbracht (gratis Internet), um morgens dann ein gepflegtes Fast Food Frühstück einzunehmen. Wie immer ein Highlight für die Jungs mit dem sich gleichzeitig einstellenden subjektiven Heimatgefühl.
Nach dem Frühstück war eine kurze spontane Visite des Vigo-Strandes in 200m Entfernung vom Parkplatz geplant. Nach der darauf folgenden Entscheidung die Stippvisite durch Kombination mit Baden, Kuchen essen, abhängen und dem Schnack mit den gambischen und senegalesischen DVD-Raubkopie-Verkäufern zu erweitern, war es dann halb fünf nachmittags als wir unsere Motoren wieder starteten.
Die notwendigerweise darauf folgende Nachtschicht bezüglich der Fahrerei endete dann am Strand namens Praia de Coco da Cruz (nördlich von Mira), der, so viel war uns zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, der Platz sein sollte an dem wir Weihnachten, Silvester und Peters Besuch feiern sollten. Der Atlantik ungefähr 30m entfernt, fliessend Wasser zum Wäsche waschen in 20m Entfernung, kleiner Supermarkt 3min zu Fuß sowie reichlich Treibholz und Euro-Paletten zum Verheizen auf dem Lagerfeuer.
Letztendlich haben wir es dort ganze 12 Tage ausgehalten, kältere Abende wurden durch das Lagerfeuer erträglich und tagsüber reichten die Temperaturen locker aus um den ganzen Tag draußen mit Lesen, Buddeln, Höhle- und Swimmingpoolbau und weiteren Surfversuchen zu füllen. Auch erste erfolgreiche Ölwechsel wurden unternommen. In Marokko werden wir unser PS-Monster für ein paar Euronen mal durchsehen lassen, inklusive notwendiger Bremsen-Updates und Ölwechsel. Und mal ausloten, wie viel einmal neu Lackieren kostet.
In Anbetracht unseres geplanten kleinen Gran Canaria Abstechers mussten wir uns leider von Paula und Hauke (bullitour.de) trennen, die weiter südlich nach Lissabon fahren und wir Richtung Osten nach Madrid. Für Anfang Februar ist jedoch die gemeinsame Weiterfahrt durch Marokko geplant. Mit den beiden haben wir total Glück, voll entspannt, und genauso wie wir ebenfalls ohne den großen Reiseführerdruck des gewöhnlichen Touristen unterwegs.
Datt mit AIDA fahren war echt ’ne Aktion nur für völlig Grundentspannte. Wir bekommen es billiger, weil Opa bei AIDA arbeitet. Vor einem halben Jahr also einen Antrag gestellt mit der AIDA-Info, ‚wir melden uns 14 Tage vorher‘. 14 Tage vorher kein Anruf von Aida. Wir rufen also selber an. Aha, Zusage bekommen wir erst drei Tage vorher, weil wir AIDA ohne Flug wünschen (den gibt es nur von Deutschland aus). Na schön, dass das so rechtzeitig mitgeteilt wird. Sie wollen erst die Flüge loswerden. Kabinen sind zu dem Zeitpunkt noch frei. Drei Tage vorher, heute, unser Anruf. Nix iss, Pustekuchen, alle Kabinen voll. Echt mies gelaufen, man muss doch wenigstens ein Minimum an Planungzeit haben? Das wurde definitiv nicht sehr familienfreundlich und recht chaotisch geregelt bei der Aida Verwaltung – und somit für uns auch das letzte Mal.
Gleich geht’s zu Mc Donalds in Madrid, den Flug stornieren oder umbuchen. Last Minute. Mal sehen von wo aus wir uns wieder melden. 🙂 (edit: wir haben uns entschieden den Flug trotzdem zu nehmen, nix zu organisieren und am Flughafen in Las Palmas spontan zu entscheiden was wir machen)
Frohes Neues!
Galizien
Nach anderthalb Tagen Fahrt mit unseren zwei lahmen Enten (zusammem 60 Jahre Altmetall) sind wir an einem ruhigen Strand angelaufen. Die zwei Tage dort waren jedoch von extremem Wind und Regen (parallel zum Boden) überschattet, so dass wir in der Hoffnung auf weniger deftigen Wind am dritten Tag ins Landesinnere gefahren sind. Der See an dem wir jetzt stehen ist sicher einer unserer Top Stellplätze dieser Reise. Sonne, paddeln gehen, draußen abhängen, grillen und das alles noch exklusive Autolärm in Hörweite und inklusive genialer Aussicht. Nebenan nur ein Bauernhof der mit etwas Hundegebell am Abend sowie regelmäßigem Hahnengekrähe die Geräuschkulisse erweitert.
Gleich wird gegrillt und Paulas Geburtstag gefeiert. In der Sonne 28 Grad, im Schatten 12°C. Heute Nacht hatten wir Minusgrade, gestern abend um neun Uhr überzog bereits eine dünne Eisschicht Paddelboot und Surfbrett. Wir wollen mal auf einen milden Winter hoffen! Bis zum 8. Januar sind wir noch in Spanien, dann anderthalb Wochen Kanaren, danach Marokko.
Wir haben vor einer Woche übrigens die erste komplette Gasbefüllung verbraucht und nachgetankt, sprich ~80 Liter in fünf Monaten. Die Befüllung mit dem deutschen System ist entgegen unseren Erwartungen auch in Spanien kein Problem.
Morgen oder übermorgen geht es weiter Richtung Porto um die zweite Charge Care Pakete von den Großeltern abzusahnen.
Cantabrien und noch mehr Altmetall
In Cantabrien begegnen wir auf einem ziemlich ollen LKW-Rastplatz Paula und Hauke. Die zwei Berliner sind im T3-Bulli im gleichen Zeitraum wie wir unterwegs, haben fast die gleiche Route zurückgelegt (Auf den Lofoten haben wir uns um vier Tage verpaßt.), und ihre Vorstellung von entspanntem Reisen scheint mit der unseren fast deckungsgleich. Es fehlen ihnen quasi nur noch das allmorgendliche „Wann ist die warme Milch fertig?!“ und weitere zehn Jährchen auf dem Buckel. So beschließen wir eine gemeinsame Weiterfahrt, machen einen Abstecher zu den „Picos del Europa“ inklusive Seilbahnfahrt und Schnee und Eis auf dem Gipfel, und verbringen einige gemütliche Abende unter dem Sonnendach des Bullis. Ja, ab und an ein Gespräch mit Volljährigen ist auch nicht verkehrt.
Ansonsten ist als wichtiges Ereignis noch Bennets Milchzahnverlust (großer Schneidezahn in Quadrant 2 [edit: danke Coco!]) bekanntzugeben.
Desweiteren nehmen wir Stellung zum Hinweis unserer ebenso treuen wie aufmerksamen Leserin Franzi R. aus H. zur mangelnden Aktualität unseres homepage-Namens: Nein, es ist auch uns nicht entgangen, daß wir nun nicht mehr 6 Milliarden Menschen auf der Erde sind, so wie zu Schulzeiten mal gelernt, sondern inzwischen 7 Milliarden. Weil aber sechsaussiebenmilliarden blöd klingt und ich weder bereit bin, die Feuerwehr als vollwertiges Familienmitglied anzusehen, noch ein fünftes Kind zu bekommen, nur damit wir uns jetzt siebenaussiebenmilliarden nennen können, bleibt es einfach bei der gewohnten Bezeichnung. Vielen Dank für Euer Verständnis!
Advent, Advent, kein Lichtlein brennt
… na ja, zumindest fast keines. Nachdem wir in Frankreich von der prächtigen Weihnachtsdeko bei T-Shirt-Wetter noch eher irritiert waren, ist es im Baskenland fast etwas zu unfestlich für die Adventszeit. Kaum eine Lichterkette ist aufgehängt und wenn, dann ist sie nicht eingeschaltet. Wir versuchen, uns ein bißchen in Stimmung zu versetzen, und backen Plätzchen, aber so richtig klappt es nicht… Na dann wieder ab an den Strand, buddeln, lesen, surfen.
Die Basken sind entspannte Leute, überall grinsende Gesichter, winkende Hände, gereckte Daumen. Die vier Blonden kommen selbstverständlich wieder gut an. Man schnattert und schnattert, auch wenn wir längst zu verstehen gegeben haben, daß wir kein Wort spanisch verstehen. Ab und an spricht mal einer französisch, dann kann sich Hannes das ganze nochmal anhören. „Blond“ ist scheinbar überall das gleiche Wort.
Man darf nur nicht sagen, hier in Spanien sei es sehr schön. Umgehend wird man korrigiert: Das ist hier nicht Spanien. Das ist das Baskenland! Und tatsächlich hängt überall die baskische Flagge an den Häusern. Straßen und Orte sind fast ausschließlich in baskisch ausgeschildert – in unserer Straßenkarte natürlich spanisch. Wenigstens sind mal nicht meine miserablen Kartenlesekünste schuld, wenn wir uns verfahren.
Die Landschaft ist wieder mal toll. Steilküste und Sandstrand im Wechsel, Gebirge direkt im Anschluß an das Meer, in jedem Tal ein gemütlicher kleiner Ort. Wir beschließen, weiter an der Küste entlang zu fahren und dann am nordwestlichen Zipfel Spaniens nach Süden Richtung Portugal abzubiegen. In Porto wollen die Jungs die lang ersehnten Weihnachtspakete der Großeltern in Empfang nehmen.
4000 km später und 15° wärmer
,Nachdem wir Polen nur als Transitland missbraucht haben, wurden wir auch gleich noch mit reichlich bürokratischer Ahnungs- und Willenlosigkeit der polnischen Behörden konfrontiert, nicht zu erwähnen die dreiste Maut Abzocke für wirklich höchst miserable Autobahnen. Erstaunlich der Vergleich mit Estland, unsere Vorurteile hätten eher Polen als Estland für infrastrukturell und touristisch weiter entwickelt gehalten – unserem subjektiven Urteil nach ist eher das Gegenteil der Fall. Zum Beispiel wurde uns dann an der Grenze zu Tschechien mitgeteilt, dass das Maut-Leihgerät nur 100km vor der Grenze zurückgegeben werden kann – ohne Zweifel eine verwaltungstechnische Meisterleistung. Das teure Mautleihgerät hängt nun als Andenken weiterhin an der Scheibe.
Durch Tschechien kamen wir dann richtig fix, da lohnen sich 60Euro Autobahn Gebühr. Eigentlich lag Prag auf unserem Plan, als jedoch erste Großstadt auf unserer Reise gab es dort kein Hineinkommen mit unserem Kleinwagen, Beschränkung 3,5t.
In Nürnbergs Innenstadt kam es dann zum erfreulichen Wiedersehen mit Oma Nati nach vier Monaten Nomadendasein. Durch reichlich Glück konnten wir direkt bis vor das Hotel fahren, so dass Oma Nati dann gegen 8 Uhr morgens plötzlich neben dem Feuerwehrauto erschien und uns die Jungs mit einem lauten „Oma Nati! Oma Nati!“-Kreischen weckten. Als Belohnung für so frühes Aufstehen, führte Oma uns dann stilgemäß zum Frühstück zu Mc Donalds. Im Anschluß dann nachträgliche Geschenkübergabe für die Kindergeburtstage, die wir in Nordeuropa gefeiert haben. Sehr schön, viele Spiele von Oma und Opa aus Kessin und Lego von Oma und Opa aus Kritzmow. Lego, übrigens DAS Spielzeug auf unserer Reise. Und Kuhhandel, DAS Spiel. Ganze zwei Tage haben wir es uns in Nürnberg mit Oma so richtig gut gehen lassen. Nicht zuletzt konnten Yvonne und ich abends ohne Kinder sogar noch eine Runde durch Nürnberg drehen, um dann bei Starbucks und freiem Internet Flüge nach Las Palmas (Gran Canaria) im Januar zu buchen.
Um uns für die kommenden Strapazen in Frankreich, Spanien, Portugal und Marokko fit zu machen, haben wir gleich noch zwei weitere Tage bei Coco und Jan in München verbracht. Während die Damen sich den Streß in Münchner Clubs weggetanzt haben, haben die Herren sich prächtig mit schlechten Filmen und Alkohol amüsiert. Und ja, wieder ist uns bewußt geworden, dass die Jungs nun fast erwachsen sind, denn es hat keiner wie beim letzten München Besuch in die Schlafvorrichtungen gepinkelt.
In Pforzheim, anlässlich Hendriks Geburtstag, ging es wieder ins Schwimmbad. Das beste unserer Reise bisher. Unser kleiner Henni, weniger als ein Jahr noch und schon morgens um sieben mit Ranzen und Brüdern auf dem Weg zur Schule.
Nicht, dass wir nicht schon genug Kohle für Sprit lassen mussten, um in den warmen Süden zu kommen, gab es dann gleich die Spritpreis-Keule von 1,50 für Diesel in Frankreich und 70 Euro Maut für 300km Autobahn. Der einzige Weg war der Ausweg über Landstraßen. Und das war gar nicht mal eine so schlechte Idee, denn der Diesel ist auf dem Land deutlich billiger (fast 20 Cent) und nicht zuletzt sind die kleinen Städtchen der Provence très joli. Zudem kann ich mein angestaubtes Französisch im Ländle wieder aufpeppen. Auf dem Parkplatz in Tournon, meine Herren das sieht hier alles aus wie Filmkulisse, fuhr plötzlich ein Pärchen mit Sohn in Lasses Alter und extrem gut erhaltenem Vw T2 vor. Nach kurzer Vorstellung wurde zack zack in Sekunden von Pascal und Olga Blutwurst, Rotwein und andere lokale Spezialitäten zwischen unseren Autos aufgetischt. Wir konnten immerhin Lebkuchen und Brot sponsern. Gut gelaunt und leicht alkoholisiert, mit wertvollen Reisetips in der Tasche, gab es dann bei Verabschiedung die Verabredung für unsere Heimreise im März/April kommendes Jahr, sollten wir nicht die Fähre von Tanger nach Italien im Frühjahr nehmen. So wurde aus unserer Abendbrot Pause mit geplanter Weiterreise ein längerer Abend und, dank Rotwein der Provence, ein Abend ohne Weiterfahrt. Am Morgen dann wieder Gekreische der Kinder, nicht ‚Oma Nati! Oma Nati!‘ sondern ‚Polizei! Polizei!‘. So ein Mist, raus zum Polizisten und der faselt was von c’est interdit und in zehn Minuten müssen wir weg. Gut, wir wollen nicht schon wieder schmieren und hören drauf. Zehn Minuten später sind wir weg und finden einen Platz zum Essen und Schule machen neben Weinfeldern.
Die Tips der Franzosen waren Gold wert, die kleinen Dörfer total genial. Wir hatten schon mit einer Immobilie im Wert von 1,2 Mio geliebäugelt, dann plötzlich der Blick auf ein Centre Nucléaire in Sichweite. Also doch nicht. Mal sehen was es so in Las Palmas gibt.
Bei einem Rundgang ist mir aufgefallen, dass eine Dieselrücklaufleitung am Motor leckt und sogar alle paar Sekunden einen Tropfen Diesel verliert. So wie es aussieht war dies schon länger der Fall gewesen. So sind wir dann auf der Autobahn zu einer Mercedes Werkstatt runtergefahren und haben 10cm Kraftstoffleitung vom netten Service-Mann geschenkt bekommen. Das ganze war so einfach zu reparieren, dass ich das noch auf dem Werkstatt-Parkplatz in weniger als 10 Minuten 1A hingefrickelt bekommen habe. Wie geil, gleich ist der Motor unten wieder ein bisschen trockener als vorher.
Voll krass übrigens, hier laufen Flamingos frei herum, daneben gleich die Wasserbüffel. Seit fast zwei Wochen sind wir am Mittelmehr und fahren von Strand zu Strand. Die Kinder genießen die Buddelei und endlich wieder baden, wir verschlingen ein Buch nach dem anderen und benötigen deshalb bald Nachschub!
hier unser twitter gelaber: twitter.com/magisterludy
liebe omas und opas, nein, wir wurden weder skalpiert, noch geköpft, noch beraubt. deshalb hier unser twitter account, den wir ab jetzt öfter als neue einträge aktualisieren werden:
twitter.com/#!/magisterludy
der neue eintrag ist fertig, die fotos leider noch nicht.
aktuell genießen wir unseren strandurlaub am mittelmehr.
Baltikum
Die baltischen Länder durchqueren wir auf der Flucht vor der Kälte ziemlich zügig.
Nach unserem Stadtrundgang in Tallinn haben wir es doch noch einmal auf eine Wanderung im Soomaa-Nationalpark abgesehen. Kilometerlange, mit Wildnisshütten gespickte Wanderwege findet man hier allerdings nicht, so werden eher zwei längere Spaziergänge daraus. Im Allgemeinen kann uns die Landschaft nicht so sehr aus der Reserve locken – die Lofoten und Lappland sind schwer zu toppen. Wir stoßen jedoch auf eine Art Hochmoor, das ganz plötzlich hinter einem Waldrand auftaucht und uns in eine irgendwie entrückte Stimmung eintauchen läßt, und Hannes in einen eisigen Tümpel. Außerdem gibt es hier eine Art fünfte Jahreszeit. Nach dem Winter wird die gesamte Gegend überflutet, die Wanderwege werden dann mit dem Einbaum befahren. Die höchsten Wasserstände der letzten Jahre sind an Bäumen markiert worden. Wir staunen nicht schlecht.
Am Nachthimmel machen wir auch eine neue Entdeckung. Der ist hier fernab von großen Städten natürlich tausendmal schöner als in Rostock. Da leuchtet was ziemlich hell, ein Stern ist es nicht. Wird entweder Mars oder Venus sein, denken wir. Aber die Internetrecherche (ja, wlan mitten im Nationalpark dank der nahen Touri-Info) ergibt, dass der Jupiter mit bloßem Auge zu sehen sein soll! Wir kramen Lasses Fernglas hervor und tatsächlich: Jupiter mit seinen vier Monden in klassischer Konstellation, einer links, die anderen drei rechts vom Planeten. Total cool!
Neuierig gemacht hat uns eine Empfehlung aus dem Internet, im Südosten Estlands Fledermaushöhlen zu besichtigen. Diese Höhlen sind eigentlich das Ergebnis von jahrzehntelangem unterirdischen Sandsteinabbau zur Glasherstellung. Die Sowjets haben ab den Sechzigern den Tagebau angeordnet, weil sie die Hügel der Region nicht für erhaltenswert hielten, und damit ein riesen Loch in die Landschaft gerissen. In die stillgelegten Höhlen sind jedoch Fledermäuse eingezogen, das heißt, sie kommen jedes Jahr im Oktober zum Winterschlaf hierher. Die Jungs sind also sehr gespannt und voll auf eine Höhlenexkursion eingestellt. Leider ist vor einigen Jahren einem finnischen Touristen reichlich Sand von der Höhlendecke auf den Kopf gekracht (Invalidisierung), was zur Folge hatte, dass nun niemand mehr die Höhlen weiter als die ersten drei Meter betreten darf. Geschützt sind sie wegen der seltenen Fledermausbesiedlung dennoch.
In Riga wollen wir uns vor allem die Altstadt angucken. Es reicht dann aber nur noch zu einer „Nachtwanderung“, weil wir den ganzen Nachmittag auf dem Zentralmarkt verbringen. Der wird nahezu vollständig von Russen beherrscht und es gibt eigentlich alles zu kaufen von frischen Eiern und Gemüse über Teekessel und Strumpfhosen bis hin zu Dörrfisch, Kaviar und halben Schweineköpfen (kein Witz). Die Jungs sind fasziniert von den Auslagen und auch uns schlägt die Atmosphäre in ihren Bann. Dicke Frauen rufen sich über ihre Marktstände hinweg Neuigkeiten zu, manche deuten zaghaft auf uns, Henni wird übers Haar gestreichelt, Großmütterchen mit Kopftuch schlurfen vorbei, hin und wieder guckt einer böse, weil Hannes heimlich fotografiert (ist aus irgendeinem Grund hier verboten). Ein Typ, der eine schräge Komposition aus militärischen Orden, kleinen Keramikfiguren, alten Geldscheinen und Hitler- und Stalin-Büsten verkauft, meckert rum, wir sollen kaufen, nicht fotografieren. Das machen wir dann auch: Granatäpfel aus Aserbaidschan, Apfelsinen, Pilze, Nüsse, türkischen Nougat, Pfeffernüsse, Räucherfisch, frisches Hühnerfleisch, Brot und 18 frisch gebackene Donuts (Stückpreis umgerechnet etwa 13 Cent) von einer Frau, die die Jungs alle sehr hübsch findet, aber ob wir nicht doch noch ein Mädchen versuchen wollen? Dazwischen ich mit meinem schändlich rudimentären Russisch.
Von Riga einmal abgesehen wirkt Lettland ganz im Gegensatz zum westlichen Estland schon noch etwas „russisch“. Häufig fahren wir an Plattenbausiedlungen vorbei, die Erinnerungen wach rufen, wie es bei uns mal ausgesehen hat, bröckelnde graue Fassaden. Die Krone sozialistischer Innenarchitektur verleihen wir dann einem sowjetischen Bunker etwa eine Auto-Stunde östlich der lettischen Hauptstadt. Unter einer Reha-Klinik haben die Sowjets sich hier während des kalten Krieges unter fünf Meter dickem Beton für den Fall eines nuklearen Angriffs eine Art Zentrale für die wichtigsten 250 Männer erbaut. Bis 2003(!) war das hier top secret. Führungen sind heute leider nur auf Lettisch und Russisch, aber wir haben Glück: ein junge Lettin spricht uns an. Sie übersetze sowieso für ihren englischen Freund, wir können uns anschließen. Als wir die Treppe zum Bunker hinuntersteigen, schlägt uns schon modriger Geruch entgegen, dann präsentiert sich ein Labyrinth aus kalten Gängen mit dicken Stahltüren in angemessenen Abständen. Etliche Räume sind mit Kommunikationstechnik ausgestattet. An Telefonen mangelt es nicht – die Jungs sind begeistert von den Wählscheiben, kennen sie natürlich nicht. Die 250 VIPs hätten hier im Ernstfall drei Monate ohne Hilfe von außen überleben sollen. Der Generator, der extra für uns einmal mit ohrenbetäubendem Getöse angeworfen wird, verbraucht 10 Liter Diesel in 15 Minuten. Unser Führer lacht auf und meint, man hätte Treibstoff für maximal 2 Wochen hier lagern können, und auch sonst läßt er keine Gelegenheit aus, sich über die Russen lustig zu machen. Wir fragen uns, ob die russische Führung wohl ein bißchen anders verläuft. Den Abschluss bildet ein kleiner Imbiss im Essenraum, Tschai und Pelmeni an mit Wachstischtüchern und roten Plastiknelken verschönerten Tischen. Außer uns und dem Engländer schaut niemand wirklich belustigt drein.
Im Nachbarort entdecken wir merkwürdige Höhlen, die offensichtlich von Menschenhand in den Fels geschlagen worden sind. Viele offen und leer, einige aber mit Holztüren verschlossen. Wir erkunden ein paar der Gänge und treffen auf einen Mann, der ein paar Brocken Englisch spricht. Die Höhlen sind Lagerräume für die Vorräte der Anwohner, haben das ganze Jahr über eine Temperatur von etwa 5°C. Er präsentiert stolz Kartoffeln und rote Beete vom Vorjahr.
Daß man die Grenze zu Litauen passiert hat, merkt man vor allem an der aggressiven Fahrweise der Autofahrer. Dichtes Auffahren und gefährliche Überholmanöver sind an der Tagesordnung. Die einzigen die ordentlich fahren sind wir, deshalb sind wir ganz entspannt, als uns eine Polizeistreife rauswinkt. Routinemäßige Kontrolle der Fahrzeugpapiere. Dann: „Ich sehe keine Vignette an der Frontscheibe.“ Wir tauschen einen Blick aus. Sch…., da ist uns wohl was entgangen. Auf die Idee, daß man für das Befahren solcher Straßen noch Geld verlangen könnte, sind wir gar nicht gekommen. Doch es gibt hier eine LKW-Maut. Die Strafe beträgt umgerechnet 600 Euro. Im ersten Moment hoffen wir noch auf einen Übersetzungsfehler, aber nein, der Polizist zeigt es Hannes auf einem offiziellen Papier. Ich bleibe sitzen, muss erst mal schlucken. Das entspricht ungefähr unseren Kosten für einen Monat Essen! Hannes steigt aus, redet zwei Minuten. Dann steigt der Polizist in den Streifenwagen, sein Partner hält angestrengt mit einem Fernglas nach anderen LKW Ausschau, und Hannes kommt zurück. „Haben wir noch 50 Euro in Bar?“ Ich ahne es schon. Wir kratzen 30 Euro in Scheinen zusammen. Zwanzig weitere in Kleingeld werden von dem Beamten abgelehnt. Er schaut Hannes nicht mehr in die Augen. Wir werfen den Motor an. Nix wie weg! An der nächsten Tanke kaufen wir eine Vignette für heute und steuern dann die polnische Grenze an.
Eine Sehenswürdigkeit auf dem Weg wollen wir uns jedoch nicht entgehen lassen: Den Hügel der Kreuze. Nahe der Stadt Siauliai schauen wir uns dieses Symbol für den Stolz und den Freiheitsglauben der Litauer an. Unzählige Kreuze (wir glauben, es müssen Millionen sein) sind hier aus religiösen Gründen, oder um jemandem zu gedenken errichtet worden. Der Ort bedeutet den Litauern viel und ist den sowjetischen Besatzern folglich ein Dorn im Auge gewesen. Sie haben etliche Male alles mit Bulldozern eingerissen, um festzustellen, dass die Anwohner trotz aller Gefahr hinterher alles in Nacht-und-Nebel-Aktionen wieder aufgestellt haben. Wir sind ziemlich beeindruckt von diesem Ort. Die einsetzende Dämmerung paßt natürlich gut dazu, und da ein leichter Wind weht, klimpern die vielen Metallkreuze, die an größeren aufgehängt worden sind, wie Tausende kleiner Windspiele über den Hügel.
Kurz vor der polnischen Grenze verabschiedet sich das Land noch mit einem Feuerwerk der litauischen Fahrkunst. Ein Elefantenrennen der Extraklasse. Einige LKW – ich weiß nicht, sind es sechs oder acht – finden offensichtlich Gefallen daran, sich auf dieser für hiesige Verhältnisse sicher recht guten aber leider einspurigen Straße trotz ständigen Gegenverkehrs gegenseitig zu überholen. Und das nicht etwa einer hübsch nach dem anderen, sondern immer gleich zwei plus etliche zusätzliche PKW und ein Krankenwagen, der sich ebenfalls munter ins Getümmel stürzt. Wir und die entgegenkommenden Autos fahren quasi durchgehend auf dem etwa 1 Meter breiten Seitenstreifen. Ich klammere mich an den Sitz, die Füße gegen das Handschuhfach gestemmt und rufe mal mit schreckensweiten, mal mit zugekniffenen Augen „Bremsen, Hannes, bremsen!“ oder „Da kommen doch Autos!“. Hannes – Mr. Cool himself – hält konzentriert Abstand zum Vordermann, immer genau so viel, dass sich ein Laster und ein bis zwei PKW im Bedarfsfall noch gerade reinquetschen können und sagt: „Schade, daß die Jungs schon schlafen. Hätten sie sich bestimmt gern mit angeguckt.“
In Polen angekommen denken wir uns, diesmal sind wir schlauer. Die Zollbeamtin, die uns rauswinkt und einen flüchtigen Blick hinten rein wirft, sagt zwar nichts von einer Maut, aber wir halten schon 3 Kilometer hinter der Grenze auf einem LKW-Rastplatz (es ist kurz vor Mitternacht) und fragen am nächsten Morgen in der Trucker-Bar nach. Die Dame versteht kein Wort Englisch und zuckt nur mit den Schultern. Dieses Verhalten kennen wir schon, auch von früheren Polen-Reisen. Man versteht nichts, will auch nichts verstehen, und wendet sich einfach ab. Aber ein Lasterfahrer sagt, Vignette ja, nix hier, nächste Tankstelle.
Aha, wir fahren in den nächsten Ort an die Tanke. Der Tankwart hat von einer Maut in Polen noch nie was gehört. Auch nicht für große Autos? LKW? – Nein, echt nicht. – 100% sicher? – Kopfwackeln. Na, ob das verläßlich ist? Erstmal Großeinkauf im Supermarkt, als wir wieder rauskommen entdeckt Hannes gegenüber einen Streifenwagen. Die Frage nach der Maut verneint auch der Polizist. Hannes fragt nach, ob er sicher sei. Ist er anscheinend nicht, denn er greift zum Telefon und fragt selbst nach. Lustig. Ja, doch, LKW-Maut auf den Schnellstraßen, auf kleineren nicht. Vignette kann nur an der Grenze gekauft werden. Aha. Wir überlegen, ob wir zur Grenze zurückfahren und das Ding kaufen oder mithilfe einer Karte nur die Nebenstraßen benutzen. Allerdings wird die Zeit etwas knapp, wir wollen in einer Woche bei Coco und Jan in München sein. Nach Erwerb und Studium einer Straßenkarte für Europa (Maßstab: 10 cm entsprechen 20 km – da stimmt doch auch wieder was nicht) entscheiden wir uns für die Rückfahrt zur Grenze.
Dort läuft Hannes an den entsprechenden Schalter. Es ist halb sieben. Kurze Nachfrage, aber Englisch, Deutsch oder Zeichensprache kann die Dame alles nicht. Das übliche Schulterzucken und Abwehren. Hannes bekommt ein polnisch/russisches Infoblatt in die Hand gedrückt. Als der Mann vor ihm fertig ist, wird der Schalter zugemacht – jetzt 18.45 Uhr, Schließzeit eigentlich 19 Uhr, aber bei dem Arbeitstempo hätte sie es vielleicht nicht pünktlich raus geschafft.
Draußen fragt Hannes einen Zollbeamten, der wiederum sagt, die Maut sei auf allen Straßen Pflicht. Wir übernachten direkt vor dem Schaltergebäude. Ich versuche was aus dem Prospekt herauszufinden, aber mein Russisch reicht ja nur zum Granatapfel-Kaufen, und mache letztendlich einen Hilfszettel mit ein paar Wörtern aus dem Polnisch-Wörterbuch, unseren Fahrzeugdaten und der geplanten Route durch Polen. Den nehmen wir am nächsten Morgen mit zum Schalter. Vor uns stehen vier, was nach gestriger Erfahrung einer Wartezeit von einer Stunde entspricht. Wir schauen uns um. In der Halle befinden sich neben dem Vignetten-Schalter noch vier weitere Geldwechsel-Schalter. An jedem sitzt eine perfekt gestylte Dame. Eine hält eine Kaffeetasse in der Hand, eine geht ständig irgendwohin raus oder ihre Kolleginnen besuchen, die anderen beiden starren Löcher in die Luft oder auf den laufenden Fernseher in ihrem Kabuff. Englisch kann von ihnen keine, schulternzucken können sie alle. Außerdem beobachten wir während der tatsächlich einstündigen Wartezeit (die arbeiten hier wirklich wie ein Uhrwerk) eine dreiköpfige Putzkolonne beim Wischen des Bodens: Ein Mann wischt, die eine Frau stützt sich auf ihren Mob, die andere holt regelmäßig frisches Wasser. Nebenbei wollen ganze drei Kunden Geld tauschen. Dann sind wir dran, legen den Hilfszettel auf den Thresen und tatsächlich, der Herr hinter dem Schalter gibt sich Mühe uns zu verstehen, und wir bekommen zusätzlich Hilfe von dem Lasterfahrer hinter uns. Er findet „familia super“, hat selbst vier Söhne und kann ein paar Brocken Deutsch. Wir bekommen also eine elektronische Plakette (ähnlich der in Österreich verwendeten), zahlen nach gefahrenen Kilometern und müssen das Ding jetzt nach dem prepaid-Prinzip aufladen und an der tschechischen Grenze wieder abgeben. Pfand gibt`s auch noch. So, 240 Zloty bitte. Wir halten ihm die Karte hin, an der Scheibe befindet sich ein Aufkleber, der die Nutzung von Visa, Maestro und Co. verspricht. Der Mann schüttelt mit dem Kopf. Das Kartenlesegerät ist kaputt, es geht nur in bar. Wir haben natürlich keinen einzigen Zloty auf der Tasche. Also zurück zum nächsten Ort, Geldautomat suchen, Zloty abheben, zurück zur Grenze, bezahlen, und endlich können wir das Maut-Gerät vorschriftsmäßig installieren.
Auf der Suche nach einem Stellplatz für die Nacht fahren wir einen kleinen Feldweg entlang, der von der Straße abzweigt. Schönes Wetter, um uns Wiesen und Felder, ein paar Kühe grasen dichtbei. Hannes steigt kurz aus, geht das Gelände ab. Fühlt sich fest an. Wir wollen noch hinter die nächste Baumreihe fahren, wo Sonne ist. Da passiert`s, der Laster hält, die Räder drehen durch, Allrad ist schon drin. Rückwärtsgang … kein Erfolg. Wir steigen aus. Sieht nicht so schlimm aus. Hannes schiebt dicke Äste unter die Räder, damit wir mehr Grip bekommen. Der Versuch scheitert. Ich suche inzwischen den Spaten. Wo haben wir das Ding denn nur wieder hingemölt? In der kleinen Hütte kann man doch nichts verlegen – wir natürlich doch. Hannes gräbt mit den Händen die Räder frei. Noch ein Versuch, zurück… vor… zurück. Keine Chance, das Differential liegt hinten schon auf dem Boden auf. In ein paar Hundert Metern Entfernung arbeiten zwei Träcker. Der erste versteht nichts, schickt Hannes zum anderen. Der versteht auch nichts, aber jemand ruft einen Mann herbei. Wir haben mal wieder Glück. Der junge Pole hat ein paar Jahre in den USA gearbeitet, spricht fließend Englisch und ist total gut drauf. Die Jungs können`s gar nicht fassen, als Papa im Träcker wieder angefahren kommt. Ziemlich cooler Auftritt. Uns rauszuziehen ist für die Maschine ein Klacks, ich kann kaum Fotos machen. Ob sie ein bißchen was haben wollen für die Aktion? Der Typ wehrt ab. „Ich helf dir heute, du morgen einem anderen, irgendwann einer mir. So ist jedem geholfen.“ Die zwei sind so schnell wieder weg, wir kennen nicht einmal einen Namen. Vielen Dank! Am nächsten Morgen fährt sich 200 Meter weiter ein Träcker fest – es war also wirklich unvorhersehbar matschig.
Bye bye Finland
Der einsetzende Herbst (schön bunt, viele Finnen kommen deswegen extra in den Norden) und sportliche Temperaturen haben uns vollends motiviert, uns nun auch mit sportlicher Geschwindigkeit gen Süden zu bewegen. Die Info über 25°C in Rostock (weniger als 10° morgens in der Feuerwehr im Norden Finnlands, 0°C draußen) hatte uns dann den Rest gegeben. Umso mehr ging unsere Tour dann durch mehrere Städte wie z.B. Oulu und Savonlinna in denen wir uns so ein bis zwei Tage in der Innenstadt und in wohltemperierten Museen vergnügt haben. Savonlinna zum Beispiel wird – zumindest laut lonely planet – von einigen als wohl schönste Stadt Finnlands bezeichnet. Umso mehr unsere Verwunderung, dass wir das als Rostock verwöhnte Banausen nicht vollends teilen konnten. Man muss dazu auch sagen, dass die vor den Russen sich zurückziehende Wehrmacht in Finnland so einige Städte niedergebrannt hat, so auch Rovaniemi, das innenstadtmäßig nun leider eher den Charme der 60er versprüht.
Dass es so langsam unangenehm kalt wird, merken wir in erster Linie auch an unserem verstärkten Gasverbrauch und der schwächlichen Power unserer Solaranlage durch wenig Sonne und tiefen Sonnenstand (Huhu Praschels, bei uns auch rotes Licht 😉 ). Die Verbraucherbatterie ist schon nach drei bis vier Tagen ohne Lichtmaschine bei unter 11.8V. Vor zwei Tagen hatten wir morgens beim Aufstehen 7°C und die Kinder hinten im Koffer 11°C. Seitdem läuft die Heizung jede Nacht.
Den neunten Geburtstag haben wir mit Lasse in Savonlinna gefeiert. Echt krass, Bergfest zum Erwachsensein. Selbstverständlich gab es wieder den sporadischen Schwimmbadbesuch mit Minigolf zum Abschluß. Apropos Bergfest, gerade gestern im Puppenmuseum in Tallinn habe ich an meinen Augenbrauen erste graue Haare entdeckt. Wieso ich schon mit meinen gerade mal 25 Lenzen graue Haare bekommen muss, da war sich auch Yvonnes medizinischer Sachverstand nicht 100%ig sicher. Sicher ist jedoch eines, die Schadenfreude war auf Yvonnes Seite. Ein Care Paket von Oma gab es dann auch noch, das war eine Freude für die Jungs. Eigentlich nur für den Versand meines internationalen Führerscheins gedacht, gab es dann gleich Geschenke für Matii und Lasse nachträglich.
Man kann uns nun ohne schlechtes Gewissen ‚Experten der finnisch orthodoxen Kirche‘ nennen. Im Kloster Valamo haben wir uns eine orthodoxe Messe mit viel Weihrauch am Sonntag Morgen nicht entgehen lassen wollen, für uns im Sozialismus aufgewachsene Antichristen, ääh Atheisten, eine skurrile und bizarre Erfahrung. Der Stimmung des Mönchsgesanges (hier steht man übrigens bei der Messe, die Frauen tragen Kopftücher) ist dann Bennet sogar auf’s Gemüt geschlagen (’so traurig‘).
Im Anschluß dann sehr aufschlußreiche private Führung durch Mattis, einen honorigen, sympatischen und deutsch sprechenden älteren Herrn und Arzt der 12 dort lebenden Mönche. Auf unsere Entschuldigung hin für die hippeligen Kinder während der Führung meinte er, dass Kinderlärm hier als ‚heiliger Lärm‘ bezeichnet wird. Das fanden die Kinder natürlich gut, als Freibrief sollten sie das aber unserer Meinung nach auch nicht verstehen.
Während die evangelischen Einrichtungen zumindest innerhalb der Gebäude eher asketisch sind, glänzt der Innenraum hier nur so vor handwerklich extrem aufwendigen Gold-, Silber- und Edelsteinarbeiten. Mehrere Reliquien heiliger Personen (echt krass: Knochen, Haut, Nägel, …) sind in kleinen Gefäßen aufbewahrt, Ikonen-Bilder sollen Wunder bewirken. Neben den Wunder bewirkenden Ikonen hängen aufwendige Stickereien in denen sich z.B. Edelsteine und Ringe der Personen befinden, die diese als Dank für ein erfolgreiches Wunder dem Kloster geschenkt haben – nicht dass wir an Wunder glauben – aber es waren definitiv nicht wenige Geschenke. In der finnisch-orthodoxen Kirche in Helsinki konnten wir dann sogar noch eine Taufe miterleben.
Ein Verbrechen allerdings, dass wir nicht mehr nach Sankt Petersburg fahren konnten. Gefühlte Tage haben wir in Helsinki in der Visa Stelle (Russian Visa Application Service) verbracht, inkl. hochgestylter, knackiger russischer U25 Service Damen und burschikoser, unsympatischer russischer Ü55 Sicherheitsfrau, um dann am Ende zu wissen, dass alleine die Kosten für Visa und Autohaftpflichtversicherung rund 700 Euro betragen werden. Und da sind wir mit unserer Blue Efficiency Schleuder noch nich‘ mal losgefahren. Dazu kommt noch die kostenpflichtige fiktive Einladung aus Russland, die man benötigt, um überhaupt ein Visum zu erhalten. Die bekommt man über irgendein Hotel in Russland, man braucht die offizielle Buchung ohne jemals dort anzutanzen, das ist echt lächerlich. Gerade auch im Hinblick auf unsere Reisekosten haben wir uns das dann im wahrsten Sinne erspart. Gut für den Geldbeutel aber trotzdem sehr schade. Ein Trostpflaster für die russische Industrie bleibt, denn immerhin haben die Telefongesellschaften durch mein Telfonat mit Sankt Petersburg 25 Euro verdient.
Übrigens, so schön und einsam Finnland im Herbst auch war, die Finnen haben ein (Glück)spielproblem. In jedem noch so kleinen Supermarkt, selbst in Inari hoch im Norden, stehen neben der Kasse immer mehrere Glücksspielautomaten, die auf den Einsatz kleinerer Beträge aus sind – sprich das Wechselgeld. So stehen Finnen aller Gesellschaftsklassen vor den Automaten und versemmeln ihr Wechselgeld. Eigentlich war uns das recht schnuppe, nur der Gipfel war die Kinderspielecke auf der Tallink Superstar Fähre Helsinki-Tallin. Direkt neben der Kinderecke, in Sichtweite, war ein Shooterspiel mit Shotgun (s. Foto).
Helsinki und Tallinn war letztendlich fast ein Abwasch, die eine Stadt scheint für die jeweils andere wie eine Vorstadt zu sein, Fähre dauert nur rund zwei Stunden und man kommt mit der Fähre in jeder Stadt bereits sehr nah an die Innenstadt heran. Zudem sind sich finnisch und estnisch ähnlich. In Helsinki sind die schwedischen Fans direkt neben unserem Auto zum Länderspiel Finnland-Schweden geleitet worden. Das war ein Spaß für die Jungs! Wir haben uns jeweils einen Tag pro Innenstadt Zeit genommen, inklusive Häfen- und Kirchenbesichtigungen, Kuchen essen und allgemeiner touristischer Gafferei. Beim Feuerwehrschritttempofahren durch Helsinkis gut besuchte Innenstadt fühlt man sich wie der Sultan von Brunei hoch auf seinem Elefanten. Die Feuerwehr und die vier grundsoliden kleinwüchsigen Feuerwehrmänner kennt dort jetzt jeder.
Wir haben uns übrigens zwei Kinder-Gitarren gekauft und die Großen bekommen nun im Fach Musik vom Großmeister Gitarrenunterricht.
Oulanka Nationalpark
Das war `ne Nacht! Erschöpft waren wir in die Schlafsäcke gekrochen, noch leicht euphorisch über die Wahnsinnsleistung der Jungs: 19 Kilometer auf dem „Pfad des Bären“ quer durch den Nationalpark, über Stock und Stein. Während mir auf halber Strecke schon die Beine schmerzten, liefen sie noch im Hüpfschritt vorne weg. Nur Matti wollte auf den letzten drei Kilometern dann doch auf Hannes` Schultern. Wir teilten uns die Hütte mit zwei Pärchen, die leicht zerknirscht guckten, als wir mit den Kindern am späten Abend noch eintrudelten. Fürchteten wohl um ihre Nachtruhe. Wir bezogen die obere Etage der Holzpritsche. Decke unter, Schlafsäcke drauf. Isomatte ist doch was für Weicheier, haben wir nie gebraucht. Soweit die Argumentation beim Packen. Ich wälzte mich stundenlang um meine eigene Achse. Auf der Seite taten die Beckenknochen weh, auf dem Rücken das Kreuzbein, auf dem Bauch die Knie. Als irgenwann die Tür der Hütte aufging und vier weitere Finnen schnatternd hereinrumpelten, meinte ich, es müsse schon in den Morgenstunden sein. Es war aber erst halb zwölf. Die vier brauchten dann noch eine Weile mit essen, Schlafplätze verteilen und beziehen, rascheln in Plastiktüten, Luftmatratzen aufpusten (die waren klüger gewesen) und und und. Irgendwann, ich war gefühlt gerade eingeschlafen, ging dann das Gekicher los. Bennet hatte die zerzauste Frisur eines Wanderers entdeckt – inzwischen war es hell geworden – und sofort die Brüder geweckt und informiert. „Da unten liegt der Strubbelkopf! Hähähä!“ Die Jungs hatten – natürlich – prächtig geschlafen und waren ausgeruht. Alles „Pssst!“ und „Die wollen noch schlafen!“ half nix. Die Nacht war beendet. Mein einziger Trost: Hannes war es genau so ergangen.
Die folgende Wanderung (halbe Strecke) rissen wir dann locker auf einer Arschbacke ab. Die Herbstwaldstimmung inklusive Hängebrücken entschädigte doppelt für die vorangegangene Nacht.
Zur Belohnung haben wir die kleinen Wanderer in Rovaniemi in den nördlichsten McDonalds der Welt ausgeführt.
Finnland ist zumindest in der nördlichen Hälfte von scheinbar unberührten Wäldern nahezu vollständig bedeckt. Rentiere sehen wir hier so viele, daß es schon beinahe nichts Besonderes mehr ist. Wir wären gern noch paddeln gegangen, deuten aber die 6°C Außentemperatur als Zeichen, endgültig den Polarkreis zu verlassen. Zudem erwartet uns in Helsinki ein Care-Paket von der Oma, in dem Hannes` internationaler Führerschein nachgeschickt wird und die Jungs Geburtstagsgeschenke und Süßigkeiten vermuten.
Wir haben übrigens Isomatten gekauft.
Taschen voller Gold im Lemmenjoki & der echte Klaus
Vor rund 70 Jahren haben die Brüder Uula, Niilo und Veikko Ranttilla als eine der ersten kleinere Mengen an Gold im Lemmenjoki gefunden. Laut Prospekt, konnte eine Handvoll Männer davon in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg gut davon leben. Insgesamt wurden im Lemmenjoki 600kg Gold gefunden. Nicht viel weiter südlich im Ort Kittilä gibt es immerhin eine Goldmine. Umso größer wurden natürlich die Augen unserer Jungs, dass der kommende Nationalpark nicht nur bewandert wird, sondern auch begoldsucht. Mit unserer verdreckten Kiste (vorher untenrum Abschmierdienst gemacht, dreckige Angelegenheit) ging es nun von Kilpisjärvi gemütlich Richtung Lemmenjoki. Dort haben wir uns bei einem Gold-Digging Trip der Sami Familie Paltto, geführt von deren zwei Söhnen, eingeklinkt. Echtes Mecklenburger Schietwedder hatten wir dann am Tag des Goldfiebers. Umso erstaunlicher, dass unseren Jungs das scheinbar keine Platte machte und das Geplärre ausblieb. Ist echt prima, dass die Jungs schon so einiges mitmachen – nun ja, hat auch fast ein Jahrzehnt gedauert bis wir mal das eine oder andere knackige Ding mit den Jungs durchziehen konnten ohne Stillpause, Fütterpause, Herumtragerei, Windelei oder Mittagsschlaf. Wie auch immer, mit dem Sami Aslak ging es dann per Boot durch zwei sportliche Stromschnellen rund 20km südwestlich den Lemmenjoki zum Claim der Sami Familie Paltto tief im Nationalpark (kein Handyemfang mehr). So ganz haben wir ja nicht daran geglaubt, aber nach Einweisung durch die Sami Brüder haben wir dann wirklich Gold gefunden! In verschwindend geringer Menge zwar, aber immerhin so viel, dass nach rund einer Stunde Goldwaschen rund 10 kleine Goldnuggets (Durchmesser weniger als ein halber Millimeter) und viele kleine Granat Steine in unseren von den Samis gesponserten Reagenzgläschen lagerten.
Wir hätten es uns selber nicht getraut, Bennet hat aber dann doch die Frage gestellt, ob die zwei Jungs richtige Sami sind. „Very good question, yes we are…“ war die Antwort, denn der eine oder andere Finne, Schwede oder Norweger gibt sich für die Touris gerne als Sami aus um sich den ein oder anderen Euro dazu zu verdienen. Schon echt fies, lange als Minderheit unterdrückt, christlich missioniert (Trommeln wurden verbrannt, weil der gute Luzifer doch Trommeln so gerne hat) und am Ende kopiert zum Kohle machen. Zum Abschluß der Goldsuche hat uns der jüngere der Sami Brüder Yoik vorgesungen. Ein witziger Gesang, natürlich in Sami Sprache, über Alltägliches oder persönliche Erfahrungen der Sami, der verdammt gut in die Atmosphäre des Waldes mit seinem dezenten Echo passte.
Den Tag darauf haben wir uns für die Wanderung entlang des Naturpfades entschieden. Ein Pienienwald mit echt krass urtümlicher Atmosphäre, Pinien weiser als Goethe und Schiller, Pfade entlang der Bergkämme die teilweise durch Rentiere ‚angelegt‘ wurden, immer wieder Lemminge entlang des Weges und ein Lagerfeuer am See mit Stockbrot und Würstchen ganz zum Schluß. Da wir wie fast immer erst spät am Nachmittag mit der Schule fertig geworden sind, ja Schule wird knallhart durchgezogen, haben wir dann auf dem Weg vom Lagerfeuer bis zum Auto gegen 22 Uhr gleich noch eine Nachtwanderung gemacht. Matti war dabei nicht ganz so wohl und musste den letzten km bis zum Auto auf die Schultern.
Um bei den Kindern ja keine Langeweile aufkommen zu lassen, waren wir dann heute Nachmittag gleich noch beim richtigen Weihnachtsmann. Und wirklich, exakt am Polarkreis nördlich von Rovaniemi, dem offiziellen Wohnsitz des (einen) Weihnachtsmannes, konnten wir also dem echten Weihnachtsmann in seinem Haus einen, wohlgemerkt, kostenlosen Besuch abstatten. Alles andere als kostenlos war dann das Foto mit dem Weihnachtsmann – ist bestimmt das Futter für die Rentiere. Sogar die sagenumwobene Uhr, mit der die Erdrotation zu Weihnachten außer Kraft gesetzt wird (damit alle Kinder den einen Weihnachtsmann zu Gesicht bekommen), war in Betrieb!
Welcome to Finland
Tiefschwarze Finsternis umgibt uns, als wir uns östlich von Tromsö der Grenze zu Finnland nähern. Mond und Sterne sind hinter der dichten Wolkendecke, die wir schon am Tage in trauter Zweisamkeit mit dem Sturm bewundern konnten, nicht zu sehen. Das Licht, das bei diesem Wetter gewöhnlich reflektiert wird, fehlt hier, denn was sollte die Quelle sein? Kein Dorf, nicht einmal ein Haus ist zu sehen. Seit vielen Kilometern gibt es nicht einmal eine Abzweigung. Am „A…. der Welt“ zu sein wird hier für uns neu definiert – nicht ahnend, daß sich dies ein paar Tage später noch mit Leichtigkeit steigern lassen würde. Ständig laufen Mäuse quer über die Straße, Eulen fliegen hinterher. Dann ganz plötzlich ein hell erleuchteter Bungalow, zwei offiziell gekleidete Herren und das Hinweisschild Finnland/Suomi. Are you tourists? – Yes. – Welcome to Finnland.
Kurz hinter der Grenze befinden wir uns in den finnischen „Highlands“ mit dem am höchsten gelegenen Ort in diesem Land, Kilpisjärvi, knapp 500 Meter über dem Meerespiegel. Beim Essen nähert sich zur Freude der Jungs ein Fuchs der Feuerwehr und schnüffelt an den Kartoffelschalen, die ich in einen kleinen Busch gekippt habe. Eine Wanderung führt uns dann tatsächlich noch auf über 1000 Meter hoch und wir begegnen sogar einem weißen Rentier. Eins wird hier schlagartig deutlich: der Herbst hat begonnen. Die orange-gelben Birkenwälder sind wunderschön, aber es ist kalt geworden. Wir beschließen, noch einen Nationalpark und die Samenstadt Inari zu besuchen, dann aber endgültig in den Süden zu fahren.
Auf dem Weg in den Lemmenjoki-Nationalpark wird uns dann noch mal klar, wie weit in der Wildnis wir uns befinden. Die Hauptroute aus dem Westen (Nähe schwedische Grenze) in den Nordosten Finnlands ist eine Sandpiste. Hannes muß für etwa 50 Kilometer sogar Allrad zuschalten, da die Straße durch den seit Tagen immer wiederkehrenden Regen schlammig ist und sich mehr nach einer Skipiste anfühlt. (Am nächsten Morgen sieht das Auto aus wie Sau und der Auspuff ist von der Jackelei fast aus der Führung gerutscht.) Die Fahrbahnmarkierung bilden in den Boden gesteckte, mit reflektierendem Klebeband umwickelte Äste, von denen einige wieder Wurzeln geschlagen haben – es wachsen Blätter aus ihren Enden. Eine Rentierherde kreuzt unseren Weg, wenig später ein Hase, dann ein Fuchs. Der verantwortungsvolle Vater unterhält nach Einbruch der Nacht Lasse mit der alten Gruselgeschichte von einem Typen der allein einen einsamen Waldweg entlangfährt, dann anhält, da sich etwas auf der Straße befindet, aussteigt und bei der Entdeckung, daß es sich um eine hinterhältig abgelegte Strohpuppe handelt, panisch zum Wagen zurückrennt, die Tür zuschlägt und davonrast. Am nächsten Morgen findet er im Auto einen Finger – abgequetscht, als er nach ihm ausgestreckt wurde … Die Story verfehlt ihre Wirkung nicht. Lasse und ich gruseln uns schön. Die Kleinen schlafen.
Mädels – eines muß ich noch sagen. Die nordischen Männer sind eine Enttäuschung! Was hatte ich erwartet? Den großen, breitschultrigen Outdoor-Typen mit wildem Haar und Dreitagebart natürlich! (An dieser Stelle erscheint vor meinem inneren Auge ein gewisser Oberarzt mit den Worten „Frauen sind ja so oberflächlich.“) Aber mal ehrlich. Keinen einzigen gutaussehenden Mann hab ich bis jetzt hier gesehen – von den fünf heißen Typen, die sich gerade Plastikstückchen in die Fahrradspeichen klemmen, weil es so schön laut rattert, selbstverständlich abgesehen! Die Schwedinnen übrigens haben alle Erwartungen erfüllt. Ist auch mir aufgefallen und von autorisierter Stelle bestätigt worden. Lobend aber muß der Musikgeschmack der Skandinavier erwähnt werden. Wir hören gerade im Radio ein Special zu den Foo Fighters, ausgewogen durchwirkt von Bands wie Green Day und – natürlich – Nirvana. Diesbezüglich kann ich mich nicht beschweren.
Walsafari
„Guckt mal, die vielen Möwen da hinten. Sitzen die auf irgendwas drauf? Liegt da ein großes Tier oder so?“ Wir frühstücken gerade und Lasse hat etwas entdeckt. Ich will schon abwinken, hab eh meine Kontaktlinsen eh noch nicht eingesetzt und meinen Kaffee erst halb getrunken, aber Hannes holt das Fernglas. Ja, Lasse hat recht. In etwa 300m Entfernung von unserem Übernachtungsplatz liegt am Strand irgendetwas und Möwen und ein paar Krähen scharen sich darum. Jetzt sind wir doch alle neugierig, unterbrechen das Frühstück und ziehen los. Das „Fundstück“ entpuppt sich als die im Verwesungsprozeß schon recht fortgeschrittenen Überreste eines schätzungsweise 5 m langen Meeressäugers. Der Verdacht, es könne sich um einen Wal handeln, drängte sich auf, zumal wir nach unserer mißglückten Walwanderung bei Unstad die Jungs mit einer echten Walsafari überraschen wollten, zu der wir jetzt nach Andenes auf den Vesteraalen (Nachbarinseln der Lofoten) unterwegs waren. Das passte ja wieder. Wir überlegten noch, ob wir jemanden telefonisch von dem Fund berichten sollten, dachten dann aber, es wäre doch zu albern. Wer weiß, wie viele den hier vor uns schon gesehen haben? Die obligatorischen Beweisfotos wurden natürlich geschossen.
Die Walsafari in Andenes war dann ein voller Erfolg. Zunächst gab es eine kleine Führung in den Ausstellungsräumen der Walforschungsstation inklusive Walskelett und Erklärungen zu den neuesten Forschungsergebnissen und –ansätzen. Beispielsweise gibt es Anhalt dafür, daß Walmütter ihren Kälbern Namen geben, eine bestimmte Sequenz von Klicks, mit der sie nach ihnen rufen. Danach folgte die eigentliche Tour, etwa 4stündig auf einem Kutter, nicht mehr als 5 Seemeilen von der Küste entfernt. Die Fotos sehen, wie das immer ist, nach gar nichts aus. Das Erlebnis war jedoch der Hammer. Man kann es gar nicht anders beschreiben… doch, die Jungs beschrieben es mit „Eh krass, Altä!“ (Woher haben sie bloß diese Ausdrucksweise, ts ts?!) Ernsthaft, ich hatte den Erfolg solcher Touren als nicht besonders groß eingeschätzt. Vielleicht ein kleiner Wal, in der Ferne. Aber daß wir drei Pottwale (!ja, das sind die GROSSEN!) in unmittelbarer Nähe zum Boot sehen würden, hätte ich nie gedacht. Wirklich beeindruckend! Die Forscher erklärten, es seien meist bekannte Tiere, jedes mit Namen. Den letzten, der am dichtesten ans Boot kam, hatten sie als Ismael identifiziert. Die Wale würden das Forschungsschiff kennen, seien deshalb so entspannt. In anderen Gebieten sei es schon vorgekommen, dass die Mütter ihre Kälber bei den Schiffen quasi „in Betreuung“ ließen, während sie für einige Zeit in der Tiefe auf Nahrungssuche gingen. Abschließend durften die Jungs den Klickgeräuschen der Wale dann noch live zuhören. Na wie gesagt, die Fotos fangen es nicht ein. Dafür haben wir dann unsere Bilder des gestrandeten Wales gezeigt, um einfach mal zu fragen, um welche Art es sich gehandelt haben könnte. Die waren dann gleich richtig interessiert und bezüglich der Gattung nicht ganz sicher. Die matschigen Fleischreste haben wohl wichtige Erkennungsmerkmale am Skelett verdeckt. Sie haben sich dann gleich die Fotos kopiert, genau den Fundort beschreiben lassen und unsere mail-Adresse aufgeschrieben. Vermutet wird, daß es sich um einen Zwergwal handelt und … ein solches Skelett haben sie noch nicht. In den nächsten Tagen wollen sie ihn besichtigen, wahrscheinlich abdecken und mit Steinen verstecken, damit keiner dran rumfummelt und unter der Plane der Verwesungsprozeß beschleunigt wird. Wenn alles klappt, haben sie ihn in ein paar Wochen blitzblank in der Forschungsstation und schicken uns dann eine Nachricht. Das nenn ich dann mal „Eh krass, Altä!“
Lofoten 3.0
Wir stehen gerade auf einem Parkplatz in Harstad und warten auf Yvonne, die gerade um die Ecke im Waschsalon ist und sicher gerade weiter an Terry Pratchetts „Ein gutes Omen“ ließt während der Trockner surrt. Derweil konnte ich unsere Boxen an den alten Sauerstoffgeräte-Halterungen fest installieren (Panzertape tut es erstmal auch). 1A Rollenverteilung also.
Die vergangenen Tage sind wir noch ein wenig auf den Lofoten herumgedüst – übrigens bis ans Ende der Straße in Aa. Dort haben wir es wieder mit Angeln probiert. Da es an der Angelstelle zu gefährlich war und mit den Kindern schlecht zu erreichen weil glitschig, gemischt mit Nieselregen, Wind und Kälte, ist Yvonne mit den Kindern schon mal zurück zur Feuerwehr. Und siehe da, dank abgelegener Stelle, Blinker rein, Fisch raus, Blinker rein, Fisch raus, Blinker rein … und so weiter. So hatte ich am Ende 12 Makrelen innerhalb erfreulich kurzer Zeit am Start (s. Foto). Der Erfolg ist auch den Möwen nicht entgangen, denn wie Aasgeier haben sie mich während des Angelns belagert. Riesenviecher. Nachdem ich die Fische ausgenommen hatte und ein paar Meter gegangen war, hatten sich die ‚Aasgeier‘ schon über das Gedärm hergemacht. Die hätten wohl auch gerne eine Angel. Auch wenn die Kinder am Ende relativ wenig vom Fischgericht gegessen haben, sich das Essen selbst zu erjagen (am Tag darauf bei ruhigem Fjord durften die Jungs wieder selber ran) und das Tier lebendig, dann tot (mit dem Knüppel erschlagen ist bei den Jungs eher wie mit Wattebäuschen steinigen) und dann auf dem Teller zu sehen, ist ja schon was Neues für die Jungs.
Auf dem Stellplatz in Aa haben wir dann auch ein sympatisches italienisches Pärchen kennengelernt, die beide mit einem Motorrad auf den Lofoten unterwegs sind. Übrigens endlich mal Urlauber in unserem Alter. Sonst ist Norwegen eher das Rentner-Urlaubsparadies. Entgegenkommende Insassen von Wohnmobilen oder Pkw‘s mit Wohnanhänger (Tupperware-Camper) sind eher vom Typus glückliche Besitzer eines oder mehrerer künstlicher Hüftgelenke. Der Italiener hat übrigens für einen Monat in Bergen als Fischverkäufer gearbeitet (4000 Euro cash) und finanziert sich so seinen Urlaub. Keine schlechte Option. Die Einladung in die Toscana haben wir dann selbstverständlich prompt angenommen und uns schon mal für März (oder April) 2012 angemeldet. Lorenzos Angebot, dann gleich mit seinem Bruder und dessen Vorrat an Motorrädern zwischen den Olivenbäumen durch zu heizen kann so schlecht auch nicht sein.
Die Nacht zu heute haben wir dann auf einem Supermarkt Parkplatz in Harstad verbracht, in erster Linie aus dem einfachen Grund weil uns die Milch ausgegangen ist. Heute morgen dann die bittere Erfahrung, dass gerade diese Supermarkt-Kette generell kein elektronisches Geld akzeptiert. Also Banknoten in der Innenstadt besorgen. Zehn Minuten hin gejoggt und während des Abhebens so was wie ein Innenstadt-Fest entdeckt. Nicht, dass wir auf Rummelmäßiges besonders stehen, aber die Helium Ballons wären schon cool für die Jungs. Also hin zum erstbesten und freundlichst um Heliumballons für die Jungs gebeten. Einfach nur aus Interesse habe ich dann noch kurz nach dem Grund für das ‚Fest‘ gefragt: „Wahlkampfveranstaltung!“.“Aha, und von welcher Partei sind dann meine Ballons?“. „The name actually means right“. Oh Mann, habe sofort erwähnt, dass ich jetzt nicht durch die Innenstadt, sondern lieber die Seitenstraßen zurück zu meiner Familie nehme. Als Reaktion dann ein leicht verkrampftes Grinsen. Die Ballons habe ich natürlich mitgenommen und zugesehen, dass ich die rechten, gasbefüllten Luftballons mit frisch rasiertem 3mm Schnitt und schwarzem T-Shirt so schnell wie möglich in das Innere der Feuerwehr befördere. Hier hätte sich ein Storch Heinar Pulli bewährt (Bestell-Webseite hier). Nachdem die Jungs erfolgreich Legomänner und andere Spielsachen in der Feuerwehr haben steigen lassen, sind die rechten Ballons dann zu ihrer Freude von unserem linken Arm aus auf dem Parkplatz in den Himmel gestiegen, selbstverständlich im Sinne der Völkerfreundschaft.
Da Mattis Geburtstag anstand, sind wir über Reine (‚Most scenic place in Norway‘, lonely planet) auf in Richtung Harstad zum bestmöglichen Schwimmbad weit und breit. Rund 500km sind es bis zum nächsten in ähnlicher Größe. Nichts Dolles an sich, nur halt so groß wie bei uns zu Hause um die Enttäuschung so gering wie möglich zu halten und Beschwerden vorzubeugen. Verdammt gutes Wetter am Tag des Schwimmbadbesuches (gestern) und somit schön leer, verdammt hohe Preise drinnen (10 Euro für Mini-Kinder-Menü) – dafür eine Rutsche auf der die Jungs mindestens 50 Mal runtergeknallt sind. Na ja, eigentlich sind wir die fünf Stunden gefühlt nur gerutscht. Schöner Spaß. Somit ließ der erste Muskelkater auf der Reise dank verschiedener High-Speed Techniken auf der Rutsche mit den Jungs heute morgen nicht auf sich warten.