Langsam drängt die Zeit …

… und zum ersten Mal auf unserer Reise haben wir das Gefühl, nicht mehr alles Geplante schaffen zu können. Wir müssen in ein paar Tagen in Meknes sein, um unsere Fahrzeugversicherung zu verlängern, und wollten doch im Süden noch einiges sehen. Auch nördlich des Atlasgebirges haben wir uns eigentlich einiges vorgenommen, vor allem der Osten ist touristisch kaum erschlossen, aber das 90-Tage-Visum läuft bald ab, dann müssen wir raus aus Marokko.

Andererseits haben wir langsam auch den Eindruck, daß es reicht. Bei allem Interessanten und Neuen, das es hier zu entdecken gibt, ist Marokko nicht immer einfach. Je länger wir hier sind, umso mehr fallen uns Dinge auf, die wir als störend, anstrengend oder einfach nervig empfinden. Als wir uns Ouarzazate nähern, sticht zum Beispiel das riesen Müllproblem wieder ins Auge. Die Gegend direkt vor der Stadt (5km) ist mit Plastiktüten gepflastert. In kleinen Orten schmeißen sie halt alles auf einen Haufen und zünden den abends an (Müllverbrennungsanlagen existieren in Marokko nicht). Der Müll der Städte wird auf großen Kippen außerhalb gesammelt, die ab und an unvollständig brennen und dabei unglaublich stinken. Der Rest fliegt durch die Gegend.

Dann passiert doch noch, womit wir angesichts unserer Eisenmägen schon nicht mehr gerechnet hatten: Hannes liegt komplett flach, bewältigt gerade noch den Weg zwischen Bett und Klo und ist damit für drei Tage ausgeschaltet. Die Straße der Kasbah wird also halb vom Reiseplan gestrichen. Nach seiner (annähernden) Genesung biegen wir nordwärts ab und durchfahren die bekannte und spektakulär enge Todhra-Schlucht und im Anschluß gleich noch die Rheris-Schlucht, die angeblich nicht so schön und außerdem für unsere Feuerwehr wegen Felsüberhängen nicht passierbar sein soll. Erwartungsgemäß kommen wir völlig problemlos durch und finden die Rheris-Schlucht viel schöner. Vor allem gibt es hier wieder eines: Vegetation! Es ist total grün, frische Felder, Wiesen mit Blumen, Laubbäume. Das hat uns gefehlt.
Die Leute wirken etwas verschlossen, aber doch freundlich. Als wir in einem kleinen Ort Gemüse, Brot und ein paar Kaugummis kaufen, lösen wir wieder das übliche neugierige Gucken und verschämte Kichern aus. Leider fällt auch hier auf, daß die Kinder nicht aus Freude winken, sondern weil sie auf ein Geschenk hoffen. Sobald sie ein fremdes Auto entdecken wird eine Art Automatismus ausgelöst. Die Beine laufen los, der Arm wird erhoben, die Hand schwingt hin und her, aber das Gesicht ist dabei total ausdruckslos. Die Größeren fordern auch schon mal lautstark: „Geschenk! Geschenk!“ In einem Dörfchen übernachten wir auf einem Mini-Campingplatz, dessen Einfahrt wir nur durchfahren können, nachdem Hannes drei Fahrräder abgeladen hat. Der Besitzer meint, wir seien bislang das größte Fahrzeug auf seinem Hof. Er hat einen kleinen Sohn, vielleicht zwei Jahre alt, der immer Riesenaugen macht, wenn er uns sieht. Als Hannes ihm ein kleines Auto schenkt wird als Reaktion der Automatismus ausgelöst: er winkt.

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