Auch Granada ist sehr schön, wenn auch im Vergleich mit Cordoba für mich eher auf dem zweiten Platz. Eigentlich hatte ich es ja auf eine Flamenco-Show abgesehen. Die beginnen allerdings nicht vor halb zehn abends. Da müssen wir wohl nochmal zu zweit wiederkommen.
Die größte Attraktion hier beschäftigt uns dann eh bis in die Abendstunden hinein: die Alhambra – eine arabische Festungsanlage, deren Mauern seit dem 11. Jahrhundert auf einem Hügel über der Stadt tronen. Da Andalusien lange Zeit in arabischer Hand war, sind überall in der Gegend mehr oder weniger gut erhaltene Bauwerke dieser Art zu besichtigen. Das wohl noch beeindruckendste steht hier inmitten meterhoher, tausend Jahre alter Mauern und Palastgärten – der Palacio Nazaries, Domizil der arabischer Herrscher im 13. bis 15. Jahrhundert. Die unglaublich detaillierten und aufwendigen Verzierungen aus Speckstein und Mosaik ziehen sich lückenlos durch den gesamten Palast. Wie in einem Märchen aus 1001 Nacht. Wir knipsen wie wild. Dabei treffen wir – wieder mal – Japaner, die vorzugsweise unsere Jungs knipsen. Dabei grinsen sie so lustig und bestaunen die blonden Haare, daß sich die Kinder gleich zum Gruppenfoto erweichen lassen. Auch Matti hat sich inzwischen daran gewöhnt. Zu Beginn der Reise liefen noch die Tränen als Reaktion auf fremde Hände an Gesicht und Haaren.
Unsere Vorfreude auf Marokko wächst jedenfalls beträchtlich und treibt uns weiter. Wir fahren weiter nach Malaga, wo wir den Kindern noch ein bißchen Kunst bieten – das Picasso-Museum, welches auch bei ihnen tatsächlich Interesse hervorruft. „Der hat ja fast nur nackte Frauen gemalt.“ Hannes fotografiert heimlich. Ist hier nämlich verboten.
Entlang der Costa del Sol kann man dann einen Hotelbunker neben dem anderen bestaunen. Die Gegend ist dermaßen zubetoniert, daß wir froh sind, einfach nur hindurchfahren zu können. Ein Übernachtungsplätzchen findet sich etwas landeinwärts dann doch noch in idyllischer Lage umgeben von Orangenbäumen. Wir bleiben zwei Tage, werden mit Orangen beschenkt. Hannes repariert den abgerissenen Rolladen an der Hintertür.
Eigentlich wollten wir uns hier wieder mit unseren zwei Berlinern treffen, um dann gemeinsam nach Marokko überzusetzen, doch Paula und Hauke erwarten in Cadiz noch ein Paket mit Ersatzteilen für den Bulli, Ankunftszeitpunkt ungewiss. Also brechen wir allein nach Algeciras zur Fähre auf.
Im Hafengelände treffen wir auf die ersten geschäftstüchtigen Marokkaner. Einer nach dem anderen stellt man sich erst mal als unser Freund vor und ist dann überaus behilflich sein bei Erledigungen, die keinerlei Hilfe benötigen, zum Beispiel einparken, Fährgesellschaft auswählen, Ticketschalter finden, Ticket kaufen. Hannes wehrt sie alle breit grinsend auf französisch ab und macht die Überfahrt klar. Ich hocke inzwischen mit den Jungs im Auto. Ein weißer Transporter mit Surfbrettern auf dem Dach und Kinderfahrrädern am Heck fährt vorbei. Grinsen, winken, blonde Haare, deutsches Kennzeichen. In der Warteschlange stehen sie dann vor uns. Hintenraus gucken uns zwei kleine Mädchen mit großen Augen an, präsentieren ihre Püppchen an der Scheibe. So lernen wir Luise, Ida, Katrin und Franz aus Potsdam kennen. Und Hannes bekommt einen neuen Spitznamen: Feuerwehrmann.
Für 150 Euro kommen wir zu sechst mit Laster per Schnellfähre nach nur 35 Minuten auf dem afrikanischen Kontinent an. Allerdings befinden wir uns noch auf europäischem Territorium. Ceuta ist eine von zwei spanischen Enklaven auf marokkanischem Gebiet. Wir erledigen noch einen Großeinkauf und überqueren am nächsten Tag gemeinsam mit den Potsdamern die Grenze. Hier spielt sich natürlich gleiches wie in Algeciras im Hafen ab, nur daß die Leute noch ein wenig hartnäckiger sind. Sämtliche Grenzformalitäten sind allerdings unkompliziert und schnell erledigt. Erste Amtshandlung in Marokko: tanken. 1 Liter Diesel knapp 70 Cent.