Das Paradise Valley nördlich von Agadir verdankt seinen Namen den Hippies der 60er Jahre, die hier ihrem Aussteigerleben frönten. Leider gibt es die hier heute nicht mehr. Aber die Umgebung ist noch immer paradiesisch. Und hier treffen wir Hauke und Paula wieder und machen Bekanntschaft mit einem Aussteigerpärchen, zwei modernen Hippies sozusagen. Eli M. und Uli Phillipps verbringen seit fünf Jahren nur noch die Sommer bei Freunden und Familie in Deutschland und leben sonst europa- und nordafrikaweit in ihrem Pinzgauer, einem Dreiachser, der die Männerherzen höher schlagen läßt.
Da es in der Sonne hier gern mal 40°C sind, verbringen wir die Tage im Tal am Wasser oder faulenzend im Liegestuhl. Die Kinder gurken mit den Rädern die umliegenden Hügel hoch und runter. Und dann kommt, was nach acht Monaten unterwegs eigentlich kommen mußte. Einer stürzt. Wir hören es nur krachen und sehen eine Staubwolke hinter dem Hügel aufsteigen. Hannes sprintet los und kommt mir dann mit dem kreidebleichen Lasse entgegen, über dessen rechter Augenbraue eine 3cm breite und richtig tiefe Wunde klafft. Die wird vom lange Draufschauen auch nicht kleiner, und die nächste Stadt (Agadir) ist etwa zwei Autostunden entfernt. Also spülen wir die Wunde mit Kochsalzlösung, die ich eigentlich für den Fall einer heftigen Magen-Darminfektion vorgesehen hatte, und nähen dann die tiefere Schicht. Hauke reicht das Material an und sprüht im Minutentakt Octenisept auf die Nadel. Hannes hält Lasses Kopf. Der hängt schief im Klappstuhl und sagt, ihm tut das Knie weh. Die Haut wird mit Steri-Strips geklebt. Ich komme mir vor wie im Basiscamp am Mount Everest, nur wärmer. Auf den Schreck bekommen hinterher alle selbstgemachten Mango-Lassie von Eli serviert.
Während der ganzen Aktion war uns nicht nach fotografieren zumute, aber es gibt ein Bild vom ersten Verbandswechsel. Das Endergebnis kann ab Juli in natura bewundert werden.
Nach ein paar Tagen ziehen Eli und Uli weiter. Sie treffen sich noch mit Freunden aus Deutschland, die sie bei einer früheren Reise in Tunesien kennengelernt haben. Nach einigen Sätzen stellt sich heraus: Das ist genau die Familie, mit der wir uns über ein Internetforum für ein paar gemeinsame Kilometer in der Wüste verabredet haben. Wir können die zukünftigen Gefährten gleich mal auf einem Foto begutachten und stellen fest, sie haben die gleiche Karre wie wir. Von dem Riesenzufall sind wir ganz entzückt. Aber Uli meint nur, Leute mit der gleichen Macke treffen sich eben an den gleichen Plätzen.
Als auch wir dann das Tal verlassen wollen, entdecken wir einige Serpentinen weiter unten alte Bekannte. Justin, Jessica und Isabella, die britisch-französische Familie in ihrem alten MB, mit denen wir nördlich von Safi gemeinsam am Meer gestanden haben. Ja tatsächlich, gleiche Macke, gleicher Platz.